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Vollkommene Hingabe
Das Goldene Buch

10. Tag
Erster Zeitabschnitt
Zwölf Tage, um sich vom Geist der Welt zu befreien.

Thema des Tages

Ungeordneter Freiheitsdrang

Für Menschen gibt es keine absolute Freiheit, weil er als Geschöpf ganz von Gott, seinem Ursprung und Ziel abhängig ist.

Tägliches Gebet

Komm Schöpfer Geist

Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein,
besuch das Herz der Kinder dein,
erfüll uns all mit deiner Gnad',
die deine Macht erschaffen hat.

Der du der Tröster wirst genannt,
vom höchsten Gott ein Gnadenpfand,
du Lebensbrunn, Licht Lieb' und Glut,
der Seele Salbung, höchstes Gut.

O Schatz, der siebenfältig ziert,
o Finger Gottes, der uns führt,
Geschenk, vom Vater zugesagt,
du, der die Zungen reden macht.

Zünd an in uns dein Gnadenlicht,
gieß Lieb ins Herz, die ihm gebricht,
stärk unsres Leib's Gebrechlichkeit
mit deiner Kraft zu jeder Zeit.

Treib weit von uns des Feind's Gewalt,
in deinem Frieden uns erhalt',
dass wir, geführt von deinem Licht,
in Sünd' und Leid verfallen nicht.

Gib, dass durch dich den Vater wir
und auch den Sohn erkennen hier,
und dass als Geist von beiden dich
wir allzeit glauben festiglich.

Gott Vater Lob auf höchstem Thron
und seinem auferstand'nen Sohn;
dem Tröster auch sei Lob geweiht
jetzt und in alle Ewigkeit. Amen.

Tägliches Gebet

Ave Maris Stella

Ave, Stern der Meere,
Gottesmutter hehre,
Allzeit Jungfrau, süße
Tür zum Paradiese!

Aus des Engels Munde
Ward die frohe Kunde;
Uns den Frieden spende,
Evas Namen wende.

Lös' das Band der Sünden,
Bringe Licht den Blinden,
Unsern Übeln wehre,
Jeglich Gut beschere!

Dich als Mutter zeige;
Und erhörend neige
Dir sich, der auf Erden
Kam, Dein Sohn zu werden.

Jungfrau, allzeit reine,
Sanft und mild wie keine,
Schuldlos lass auf Erden
Sanft und keusch uns werden.

Woll' ein reines Leben,
Sichern Pfad uns geben,
Dass in Himmelshöhen
Froh wir Jesus sehen.

Lob sei Gott dem Vater,
Preis dem höchsten Sohne
Und dem Heil'gen Geiste,
Jedem gleiche Ehre. Amen.

Betrachtung: Das Goldene Buch S. 121-122

Diese Andacht verleiht große innere Freiheit

Diese Andacht gibt allen, welche sie treu üben, große innere Freiheit, nämlich die Freiheit der Kinder Gottes. Da man sich durch diese Andacht zum Liebessklaven Christi macht und sich in dieser Eigenschaft ihm ganz weiht, nimmt dieser gute Meister zum Lohn für die Knechtschaft, welche man aus Liebe angenommen hat, von der Seele zunächst jede Angst und knechtische Furcht hinweg, welche nur dazu dient, sie zu beengen, zu beunruhigen und zu verwirren. Sodann erweitert er das Herz durch stetes Vertrauen auf Gott, indem er es zu ihm aufblicken lässt, wie zu seinem Vater, und flößt ihm schließlich zarteste, kindliche Liebe ein.

Ohne mich dabei aufzuhalten, diese Wahrheit durch Gründe zu beweisen, will ich nur kurz erzählen, was ich im Leben der Mutter Agnes von Jesus gelesen habe, einer Nonne aus dem Orden des hl. Dominikus im Kloster zu Langeac in der Auvergne, welche dort im Jahr 1634 im Rufe der Heiligkeit gestorben ist. Als sie, erst sieben Jahre alt, große Seelenschmerzen litt, hörte sie eine Stimme, welche zu ihr sagte, wenn sie sich von all diesen Leiden befreien und vor all ihren Feinden schützen wolle, solle sie sich sobald als möglich zu Sklavin Jesu und seiner heiligsten Mutter machen. Nach Hause zurückgekehrt, erweckte sie sofort diesen Akt völliger Hingabe an Jesus und seine heilige Mutter, obwohl sie bis dahin gar nicht wusste, was diese Andacht zu bedeuten habe. Als sie dann eine eiserne Kette fand, legte sie sich diese um ihre Lenden und trug sie bis zu ihrem Tode. Nach diesem feierlichen Entschluss schwanden alle ihre Schmerzen und Ängste, und sie genoss so süßen Frieden und so große Freiheit des Herzens, dass sie sich veranlasst sah, diese Andacht mehreren frommen Personen mitzuteilen, die bald große Fortschritte darin machten. Zu diesen gehörten u.a. auch M. Olier, der Begründer des Seminars St. Sulpice, und mehrere andere Priester und Geistliche desselben Seminars. Eines Tages erschien ihr auch die allerseligste Jungfrau und legte ihr eine goldene Kette um den Hals, um ihre Freude darüber zu bezeugen, dass sie sich zur Sklavin ihres Sohnes und zur ihrigen gemacht hatte. Die heilige Cäcilia, welche die allerseligste Jungfrau hierbei begleitete, sagte ihr: Selig sind die treuen Sklaven der Königin des Himmels, denn sie erfreuen sich der wahren Freiheit: Tibi servire libertas.

Heilige Schrift

Joh 8, 31.32.34 | Gal 5, 1.6.13

"Wenn ihr in meiner Lehre verharrt, seid ihr wahrhaftig meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen... Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer Sünde tut, ist der Sünde Sklave." (Joh 8, 31.32.34)

Paulus lehrt Freiheit in Christus: "Zur Freiheit hat uns Christus geführt. So steht denn fest und lasst euch nicht aufs Neue das Joch der Knechtschaft aufbürden... Brüder, ihr seid zur Freiheit berufen, aber missbraucht die Freiheit nicht zum Dienst des Fleisches." (Gal 5, 1.6.13)

Betrachtung: Die Nachfolge Christi, Buch III, Kapitel 32

Selbstverleugnung und Absage an alle Begierlichtkeit

1. Lass ab von allem, wozu dich die Begierde drängt.
2. Schrecke nicht vor dem Weg der Vollendung zurück; um ihn gehen zu können, erbitte dir meine Weisheit.

1. (Der Herr:) Mein Sohn, du kannst keine vollkommene Freiheit besitzen, wenn du nicht gänzlich dich selbst verleugnest. Sklaven sind alle, die selbstsüchtig am Eigenbesitz hängen, Sklaven sind die Habsüchtigen, die Neugierigen und Unsteten, "die immer nur das Angenehme suchen, nicht das, was Jesu Christi ist" (Phil 2, 21), sondern oft nur auf das denken und sinnen, was keinen Bestand hat. Alles, was nicht aus Gott ist, geht zugrunde. Halte dich an das kurze, bündige Wort: Verlass alles, und du findest alles! Gib die Begierde auf, und du wirst Ruhe haben. Das überdenke in deinem Geiste; wenn du danach lebst, wirst du alles verstehen.
(Der Knecht:) Herr, das ist nicht "das Werk eines Tages" (Esra 10, 13) und auch kein Kinderspiel, ja in diesem kurzen Wort liegt alle Vollkommenheit religiöser Menschen beschlossen.

2. (Der Herr:) Mein Sohn, du darfst dich nicht gleich abschrecken und dir allen Mut nehmen lassen, wenn du von dem Wege der Vollendung hörst. Wisse dich vielmehr aufgerufen, Höheres anzustreben und zum mindesten im Verlangen danach zu entbrennen. Stände es doch so mit dir und wärst du doch soweit gekommen, dass du, statt dich selbst zu lieben, nur meines Winkes gewärtig wärest und auf den Vater sähest, den ich dir vorgestellt habe! Dann würdest du mir sehr gefallen, und dein ganzes Leben würde in Freude und Friede dahinfließen. Noch musst du vieles opfern, und wenn du es mir nicht restlos schenkst, wirst du nicht erlangen, was du begehrst. "Ich rate dir, im Feuer geläutertes Gold von mir zu kaufen, damit du reich werdest" (Offb 3, 18), das heißt: die himmlische Weisheit, die alles Niedrige mit Füßen tritt. Auf irdische Weisheit, auf Menschengunst und Selbstgefallen lege keinen Wert. Ich will sagen: Kaufe dir stattdessen, was unter den Menschen als kostbar und wertvoll gilt, etwas, was sie geringschätzen. Die wahre himmlische Weisheit, die nicht hoch von sich denkt und auf Erden keinen Ruhm sucht, erscheint sehr gering und unansehnlich und fast wie der Vergessenheit preisgegeben. Viele preisen sie zwar mit dem Munde, aber ihr Leben passt ganz und gar nicht dazu, und doch ist sie "die kostbare" der Menge unbekannte "Perle" (Mt 13, 46).

Abschließendes Gebet

O Maria, lehre mich, dass die wahre Freiheit darin besteht, Gott zu lieben und mich mit ganzem Herzen ihm hinzugeben.

Amen.

Hintergrund10. Tag der Vorbereitung - Das Goldene Buch | Marienweihe - Totus Tuus