
Vollkommene Hingabe
Das Goldene Buch
Zwölf Tage, um sich vom Geist der Welt zu befreien.
Thema des Tages
Macht und Ruhm
Die Weltmenschen streben nach Ehren und Macht. Sie schrecken selbst vor Niedertracht nicht zurück, um zu irdischem Ruhm zu gelangen, der doch vergänglich ist. Jesus lehrt uns, dass weltliche Ehren nichts sind im Vergleich zur ewigen Herrlichkeit.
Tägliches Gebet
Komm Schöpfer Geist
Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein,
besuch das Herz der Kinder dein,
erfüll uns all mit deiner Gnad',
die deine Macht erschaffen hat.
Der du der Tröster wirst genannt,
vom höchsten Gott ein Gnadenpfand,
du Lebensbrunn, Licht Lieb' und Glut,
der Seele Salbung, höchstes Gut.
O Schatz, der siebenfältig ziert,
o Finger Gottes, der uns führt,
Geschenk, vom Vater zugesagt,
du, der die Zungen reden macht.
Zünd an in uns dein Gnadenlicht,
gieß Lieb ins Herz, die ihm gebricht,
stärk unsres Leib's Gebrechlichkeit
mit deiner Kraft zu jeder Zeit.
Treib weit von uns des Feind's Gewalt,
in deinem Frieden uns erhalt',
dass wir, geführt von deinem Licht,
in Sünd' und Leid verfallen nicht.
Gib, dass durch dich den Vater wir
und auch den Sohn erkennen hier,
und dass als Geist von beiden dich
wir allzeit glauben festiglich.
Gott Vater Lob auf höchstem Thron
und seinem auferstand'nen Sohn;
dem Tröster auch sei Lob geweiht
jetzt und in alle Ewigkeit. Amen.
Tägliches Gebet
Ave Maris Stella
Ave, Stern der Meere,
Gottesmutter hehre,
Allzeit Jungfrau, süße
Tür zum Paradiese!
Aus des Engels Munde
Ward die frohe Kunde;
Uns den Frieden spende,
Evas Namen wende.
Lös' das Band der Sünden,
Bringe Licht den Blinden,
Unsern Übeln wehre,
Jeglich Gut beschere!
Dich als Mutter zeige;
Und erhörend neige
Dir sich, der auf Erden
Kam, Dein Sohn zu werden.
Jungfrau, allzeit reine,
Sanft und mild wie keine,
Schuldlos lass auf Erden
Sanft und keusch uns werden.
Woll' ein reines Leben,
Sichern Pfad uns geben,
Dass in Himmelshöhen
Froh wir Jesus sehen.
Lob sei Gott dem Vater,
Preis dem höchsten Sohne
Und dem Heil'gen Geiste,
Jedem gleiche Ehre. Amen.
Betrachtung: Das Goldene Buch S. 140-146
Das Verhalten der Auserwählten
In diesem Bilde Jakobs erkennen wir leicht das Verhalten, welches die Auserwählten Tag für Tag Maria gegenüber beobachten.
I.
Sie bleiben beständig zu Hause bei dieser guten Mutter: d.h. sie lieben die Zurückgezogenheit, führen ein innerliches Leben, befleißigen sich des Gebetes nach ihrem Beispiel und im Verein mit der allerseligsten Jungfrau, deren ganze Herrlichkeit in ihrem Innenleben verborgen ist, und die während ihres ganzen Lebens die Zurückgezogenheit und das Gebet so liebte. Allerdings erscheinen ihre Kinder manchmal draußen in der Welt, aber nur aus Gehorsam gegen den heiligen Willen Gottes und ihrer lieben Mutter, um ihre Standespflichten zu erfüllen. Welch' großartige Werke sie anscheinend auch draußen vollbringen, so schätzen sie doch weit höher, was sie bei sich selbst, in ihrem Innern, in der Gesellschaft der allerseligsten Jungfrau, wirken, weil sie dort an dem großen Werke ihrer Vervollkommung arbeiten, im Vergleich zu dem alles übrige nur Spielerei ist. Während daher ihre Brüder und Schwestern mehr für die Außenwelt leben und arbeiten, mit Aufbietung vieler Kräfte, mit Fleiß und äußerem Erfolg, unter dem Lob und Beifall der Welt, erkennen sie durch das Licht des Heiligen Geistes, dass es viel mehr Ehre, Glück und Freude gewährt, verborgen zu leben in der Zurückgezogenheit mit Jesus Christus, ihrem Vorbild, in gänzlicher und vollkommener Unterwürfigkeit unter ihre Mutter, als aus sich selbst Wunder der Natur und Gnade in der Welt zu wirken, wie so viele Esaus und Verworfene es tun. Gloria et divitiae in domo eius (Ps. 111, 3). Ehre für Gott und Reichtümer für den Menschen finden sich im Haus Mariä.
O Herr Jesus, wie lieblich sind deine Gezelte. Der Sperling hat eine Wohnstätte gefunden und die Turteltaube ein Nest für ihre Jungen. O, wie glücklich ist der Mensch, der wohnt im Hause Mariä, wo Du zuerst Deine Wohnstätte aufgeschlagen! In diesem Hause der Auserwählten empfängt er seine Hilfe von Dir, dort trachtet er nach Fortschritten und höheren Graden aller Tugenden für sein Herz, um sich in diesem Tale der Tränen zur Vollkommenheit zu erheben. Quam dilecta tabernacula tua, etc. (Ps. 83, 2).
II.
Die Auserwählten lieben und ehren die allerseligste Jungfrau wahrhaft als ihre gute Mutter und Herrin. Sie lieben sie nicht bloß mit dem Munde und verehren sie nicht bloß äußerlich, sondern in der Tiefe ihres Herzens. Sie vermeiden wie Jakob alles, was ihr missfallen könnte und tun voll Eifer alles, wodurch sie sich ihre Huld sichern zu können glauben. Sie begnügen sich nicht damit, wie Jakob seiner Mutter Rebekka, nur zwei Zicklein, nämlich Leib und Seele ihrer himmlischen Mutter darzubringen, sondern stellen ihr auch alles andere anheim, was sie besitzen. 1. Sie soll über ihren Leib und ihrer Seele verfügen können, wie über ihr Eigentum. 2. Sie soll ihnen bei der Abtötung behilflich sein, sie der Sünde und sich selbst ersterben lassen, sie von der Haut der Eigenliebe befreien, um sie dadurch Jesus, ihrem Sohne, wohlgefällig zu machen, der zu Schülern und Freunden nur diejenigen annimmt, die sich selbst ersterben lassen. 3. Sie soll sie zubereiten nach dem Geschmack des himmlischen Vaters und sie zu dessen größerer Ehre verwenden, die sie besser kennt als irgend ein anderes Geschöpf. Sie soll endlich mit mütterlicher Sorgfalt diesen Leib und diese Seele von jeder Makel reinigen, von allem losschälen und sie für den himmlischen Vater zu einem köstlichen Mahle herrichten, damit sie seines Genusses und seines Segens würdig werden. Ist das nicht der innigste Wunsch jener Auserwählten, welche meine Lehre von der vollkommenen Weihe an Jesus Christus durch die Hände Mariä verstanden und erfasst haben, um beiden eine wirksame und mutige Liebe zu zeigen?
Die Verworfenen beteuern vielleich auch oft genug, dass sie Jesus und Maria lieben und verehren, tun es aber in Wirklichkeit nur scheinbar, jedenfalls nicht bis zu dem Grade, dass sie ihren Leib mit seinen Sinnen, ihre Seele mit ihren Leidenschaften opfern wie die Auserwählten. Diese sind der seligsten Jungfrau als ihrer lieben Mutter ergeben und untertan nach dem Beispiel Jesu Christi, der von den dreiunddreißig Jahren, die er auf Erden wandelte, dreißig Jahre dazu verwandte, Gott, seinen Vater, durch eine völlige Unterwerfung unter seine heiligste Mutter zu verherrlichen.
III.
Die Auserwählten gehorchen Maria, ihrer Mutter, indem sie pünktlich ihren Rat befolgen, wie es der junge Jakob seiner Mutter Rebekka gegenüber tat, als sie zu ihm sprach: "Mein Sohn, folge meinem Rat"; (Gen 27, 8) oder wie die Diener bei der Hochzeit zu Kana, denen die allerseligste Jungfrau sagte: "Alles, was mein Sohn euch sagen wird, das tuet!" (Joh 2, 5). Jakob empfing für den Gehorsam gegen seine Mutter wie durch ein Wunder den Segen, obschon er ihn nicht hätte empfangen sollen; und die Diener bei der Hochzeit zu Kana wurden für die Befolgung des Rates der allerseligsten Jungfrau durch das erste Wunder Jesu Christi ausgezeichnet, bei dem Er auf die Bitte seiner heiligen Mutter Wasser in Wein verwandelte. Ebenso werden alle, die bis zum Ende der Zeiten den Segen des himmlischen Vaters empfangen und der wunderbaren Huld Gottes gewürdigt werden, diese Gnaden nur empfangen als Folge ihrer vollständigen Unterwerfung unter Maria. Die Nachfolger Esaus dagegen werden wegen Mangel an Unterwürfigkeit gegen die allerseligste Jungfrau ihres Segens verlustig gehen.
IV.
Die Auserwählten setzen ein großes Vertrauen auf die Güte und Macht der allerseligsten Jungfrau, ihrer guten Mutter. Sie nehmen ohne Unterlass ihre Hilfe in Anspruch, betrachten sie als ihren Polarstern, um im sicheren Hafen zu landen. Ihr vertrauen sie ihre Leiden und Nöte an mit großer Offenheit des Herzens, schmiegen sich an die Brüste ihrer Barmherzigkeit und Güte, um durch ihre Vermittlung Verzeihung ihrer Sünden zu erlangen oder um in ihren Leiden und Kümmernissen ihre mütterliche Milde zu kosten. Ja, sie werfen sich in die Arme, verbergen und verlieren sich auf geheimnisvolle Weise in ihrem liebevollen jungfräulichen Schoß, um dort, mit reiner Liebe entzündet, von den geringsten Flecken gereinigt zu werden und um Jesus zu finden, der dort auf seinem glorreichsten Throne ruht. O, welch ein Glück! "Glaube nicht", sagt der Abt Guerrikus, "dass es ein größeres Glück sei, im Schoße Abrahams zu wohnen als im Schoße Mariä, da der Herr dort seinen Thron aufgeschlagen hat" ne credideris maioris esse felicitatis habitare in sinu Abrahae quam in sinu Mariae, cum in ea Dominus poscuerit thronum suum.
Die Verworfenen dagegen, die ihr ganzes Vertrauen auf sich selbst setzen, halten wie der verlorene Sohn ihre Mahlzeit bei den Schweinen. Sie nähren sich wie die Kröten nur mit der Erde, sie lieben wie die Weltmenschen nur die sichtbaren und äußeren Dinge. Sie haben keinen Geschmack für die Wonne des Schoßes und der Brüste Mariä und kennen nicht das Gefühl des sicheren und des seligen Vertrauens, wie es die Auserwählten für Maria, ihre gute Mutter, empfinden. Sie haben unglücklicherweise, wie der heilige Gregor sagt, größeren Hunger nach der Außenwelt, weil sie die Süßigkeit, die sie in ihrem eigenen Inneren und im Inneren Jesu und Mariä finden sollten, nicht kosten wollen.
V.
Die Auserwählten folgen endlich auch den Wegen der allerseligsten Jungfrau, ihrer guten Mutter, d.h. sie ahmen ihr nach und sind dadurch wahrhaft glücklich. Als wahre Verehrer Mariä tragen sie das unfehlbare Kennzeichen ihrer Auserwählung an sich, wie ihnen diese gute Mutter versichert: Beati, qui custodiunt vias meas (Prov. 8, 34). d.h. selig diejenigen, die meine Tugenden üben und mit Hilfe der göttlichen Gnade in den Fußstapfen meines Lebens wandeln. Während ihres Lebens hier auf Erden sind sie glücklich wegen des Reichtums der Gnaden und Tröstungen, die ich ihnen von meiner Fülle und zwar in viel reichlicherem Maße mitteilte als den anderen, die sich mir nicht so eng anschließen. Sie sind glücklich bei ihrem Tode, der sanft und ruhig ist, da ich ihnen in dieser wichtigen Stunde beizustehen pflege, um sie selbst in die Freuden der Ewigkeit einzuführen. Glücklich werden sie auch sein in der Ewigkeit, weil keiner von meinen treuen Dienern, die meine Tugenden während ihres Lebens geübt haben, je verloren gegangen ist. - Die Verworfenen hingegen sind unglücklich während ihres Lebens, bei ihrem Tode und in der Ewigkeit, weil sie der allerseligsten Jungfrau in ihren Tugenden nicht nachahmen, sondern sich damit zufrieden geben, mitunter in eine ihrer Bruderschaften einzutreten, einige Gebete zu ihrer Ehre herzusagen, oder diese und jene äußere Andachtsübung zu verrichten.
O allerseligste Jungfrau, meine gute Mutter, wie glücklich sind diejenigen, ich wiederhole es mit der Glut meines Herzens, wie glücklich sind diejenigen, die, nicht getäuscht durch eine falsche Andacht, zu Dir, treu Deinen Fußstapfen, Deinem Rat und Deinen Weisungen folgen! Wie unglücklich und verblendet sind aber die, welche mit der Andacht zu Dir Missbrauch treiben und dabei die Gebote Deines Sohnes unbeachtet lassen: "Verflucht seine alle, die abweichen von deinen Geboten!" (Ps. 118, 21).
Heilige Schrift
Lk 4, 7-11
Da er bemerkte, wie die Geladenen sich die ersten Plätze auserwählten, trug er ihnen folgendes Gleichnis vor: "Wenn du von jemand zu einer Hochzeit geladen bist, so setze dich nicht an den ersten Platz. Es könnte ein Vornehmerer als du geladen sein, und dein und sein Gastgeber könnte kommen und zu dir sagen: Mach diesem Platz! Dann müsstest du beschämt den letzten Platz einnehmen. Nein, wenn du geladen bist, so geh und setz dich an den letzten Platz. Dann mag dein Gastgeber kommen und zu dir sagen: Freund, rücke höher hinauf! Das wird dir zur Ehre gereichen vor allen, die mit dir zu Tische sitzen. Denn jeder, der sich erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich erniedrigt, wird erhöht werden"
Betrachtung: Die Nachfolge Christi, Buch III, Kapitel 4
Lebe in Wahrheit und Demut vor Gott
1. Wandle in Wahrheit; das ist Gottes Erziehungsgrundsatz.
2. Die Wahrheit gibt dir Einblick in deine Schwäche und Sündigkeit.
3. Die ewige Wahrheit bewahrt vor Überheblichkeit.
4. Sie schenkt uns die Sehnsucht nach dem Himmel.
1. (Der Herr:) Mein Sohn, "wandle vor mir in der Wahrheit" (1 Kön 2, 4), und suche mich stets "in der Einfalt deines Herzens" (Weish 1, 1). Wer in Wahrheit vor mir wandelt, ist vor bösen Anfällen beschützt. "Die Wahrheit wird ihn befreien" (Joh 8, 32) von den Versuchern und den Verleumdungen der Ungerechten. "Wenn die Wahrheit dich befreit hat, wirst du wahrhaft frei sein" (Joh 8, 36) und dich um das eitle Gerede der Menschen nicht kümmern.
(Der Knecht:) Herr, es ist wahr. Wie du sagst, so möge es, ich bitte dich, an mir geschehen. Deine Wahrheit belehre ich, sie beschütze und bewahre mich bis zum seligen Ende. Sie befreie mich von jeder schlechten Neigung und ungeordneten Liebe, und ich werde wandeln mit dir in großer innerer Freiheit.
2. (Der Herr:) Ich will dich lehren, spricht die Wahrheit, was recht und wohlgefällig vor mir ist. Gedenke mit großem Abscheu und Schmerz deiner Sünden und glaube nie, du wärest etwas wegen deiner guten Werke. In Wirklichkeit bist du ein Sünder, von vielen Leidenschaften geknechtet und umstrickt. Von dir selbst aus neigst du nur zum Nichts. Du fällst und unterliegst schnell, und schnell bist du verwirrt und zerstreut. Nichts hast du, dessen du dich rühmen könntest, aber vieles, weshalb du dich gering schätzen solltest. Du bist weit schwächer, als du begreifen kannst. Nichts von allem, was du tust, erscheine dir groß. Nichts halte für bedeutend, nichts für kostbar und bewunderungswürdig und des Lobes wert, nichts für erhaben, lobens- und wünschenswert außer dem Ewigen. Über alles gefalle dir die ewige Wahrheit, und stets missfalle dir deine übergroße Nichtswürdigkeit. Nichts fürchte, tadle und fliehe so sehr als deine Fehler und Sünden; sie sollen dir mehr missfallen als jedweder Verlust an Gütern.
3. Manche "wandeln nicht aufrichtig vor mir" (vgl. Tob 3, 5). Geleitet von einer gewissen Neugier und Anmaßung, wollen sie meine Geheimnisse ergründen und Gottes erhabene Tiefen begreifen, während sie sich und ihr Heil vernachlässigen. Diese fallen oft in große Versuchungen und Sünden, weil ich ihrer Hoffahrt und Neugier widerstehe. Fürchte die Gerichte Gottes, zittere vor dem Zorn des Allmächtigen. Hüte dich, die Werke des Allerhöchsten zu ergründen, erforsche vielmehr deine Sünden und denke nach, wie sehr du gefehlt und wieviel Gutes du vernachlässigt hast. Manche stellen ihre Frömmigkeit nur in Büchern zur Schau, andere in Bildern, wieder andere in äußeren Zeichen und Gestalten. Manche führen mich im Munde, in ihrem Herzen aber kaum.
4. Andere gibt es, die, im Geiste erleuchtet und von ihren Leidenschaften geläutert, "ständig nach dem Ewigen trachten". Sie hören nur ungern von irdischen Dingen und unterwerfen sich nur mit Widerstreben den Bedürfnissen der Natur. Sie sind es, die vernehmen, was der Geist der Wahrheit in ihnen redet. Denn er lehrt sie das Irdische gering zu werten, das Himmlische zu lieben, die Welt abzutun und nach dem Himmel Tag und Nacht zu verlangen.
Abschließendes Gebet
O Maria, Magd des Herrn, lehre mich, dass die Größe des Menschen im Dienen besteht.
Amen.
